Für viele junge Eltern ist der Zahndurchbruch ihres Babys ein aufregendes Ereignis im ersten Lebensjahr. Leider ist diese Phase oft mit Zahnungsbeschwerden verbunden. Das kann für die ganze Familie richtig anstrengend sein – das Zahnen wird zu einer Geduldsprobe. Um mehr über die ersten Babyzähne zu erfahren, steht den Aber Natürlich – Lesern heute Zahnarzt Alexander Planert Rede und Antwort.
Guten Tag Herr Planert, herzlichen Dank, dass Sie unseren Lesern heute Fragen zum Thema Kinderzähne beantworten. Sie sind Zahnarzt, wie kam es zu Ihrer Begeisterung für Zähne, wollten Sie schon immer Zahnarzt werden?
Planert: Das Berufsfeld hat mich schon früh begeistert, weil es eine medizinische Disziplin ist, bei der man mit Patienten jeden Alters arbeitet. Die Herausforderungen sind dabei unheimlich vielfältig – ebenso wie die Möglichkeiten, den Menschen zu helfen. Denn gesunde Zähne sorgen nicht nur für eine bessere Lebensqualität, sondern auch für eine positive Ausstrahlung. Dazu verhelfe ich den Menschen gern.
Ungläubig wird oft die Frage gestellt: Gibt es wirklich Babys, die schon mit Zähnen zur Welt kommen?
Planert: Das gibt es tatsächlich – auch wenn es mit zirka einem Fall unter 2000 Neugeborenen recht selten vorkommt. Der Grund ist ganz einfach: Schon im Mutterleib entwickeln sich die Grundlagen für die Milchzähne, die sogenannten Zahnknospen. Bei manchen Kindern geht die Entwicklung dann einfach schneller, so dass ein oder mehrere Zähnchen bei der Geburt bereits durchgebrochen sind.
Das erste Zähnchen ist für viele Eltern fast genauso aufregend wie die Geburt. Wie alt ist ein Baby, wenn der erste Milchzahn durchbricht?
Planert: Im Schnitt kommen die ersten Zähnchen im Alter von vier bis sechs Monaten. Das bedeutet aber nicht, dass es bei einigen Kindern nicht schneller gehen und bei anderen dafür etwas länger dauern kann. Auch wenn der erste Zahn sich erst mit zwölf Monaten zeigt, ist das völlig normal. Zeigt ein anderthalb-jähriges Kind jedoch noch keine Anzeichen des Zahnens, sollte sicherheitshalber der Zahnarzt konsultiert werden.
Woran erkennen Eltern, dass die ersten Zähne sich anmelden?
Planert: Das ist in der Regel kaum zu übersehen. Denn das Kind wird dann aufgrund der mit dem Zahnen verbundenen Schmerzen oft besonders quengelig. Außerdem sind verstärkter Speichelfluss und das Bedürfnis, alles Greifbare in den Mund zu stecken und darauf herumzukauen, untrügliche Zeichen. Viele Kinder haben auch leicht erhöhte Temperatur und geschwollene Wangen, wenn die Zähne durchbrechen.
In welcher Reihenfolge kommen den die ersten Zähne? Brechen die ersten Zähnchen im Unterkiefer oder Oberkiefer durch?
Planert: Bei den meisten Babys kommen die unteren vorderen Schneidezähne zuerst, meist dicht gefolgt von ihren Gegenstücken im Oberkiefer. Eine genaue Reihenfolge, in der die einzelnen Milchzähne durchbrechen, gibt es jedoch nicht. Häufig kommt sogar der vorletzte Backenzahn oben wie unten vor dem jeweiligen Eckzahn.
Haben alle Babys Beschwerden beim Zahnen, oder merken es manche Kinder einfach nicht?
Planert: Etwas ungewohnt und unangenehm ist es den meisten Kindern schon, wenn die Milchzähne durchbrechen. Hinzu kommt in vielen Fällen, dass genau zu dem Zeitpunkt des Zahnens der sogenannte Nestschutz abnimmt – das ist der Schutz durch die mütterlichen Abwehrstoffe. Das führt oft zu höherer Anfälligkeit für Infekte. Deshalb werden Unwohlsein und Symptome wie Fieber oder auch Durchfall oft dem Zahnen zugeschrieben, obwohl sie ganz andere Ursachen haben.
Beim Zahnen leiden Mama und Papa oft zusammen mit Ihrem Sprössling. Wir empfehlen gerne die Silber-Fingerlinge zur Massage des Zahnfleisches. Das ist für die Babys angenehm und kann die Schmerzen lindern. Welchen Tipp haben Sie, um Babys das Zahnen zu erleichtern?
Planert: Die aktive Zahnfleischmassage ist natürlich ideal. Doch damit die Kinder sich auch selbst Erleichterung verschaffen können, sind vor allem die richtigen Dinge zum Draufherumkauen wichtig. Dafür empfehlen wir sowohl geprüfte Beißringe – idealerweise aus dem Kühlschrank, das hat einen zusätzlichen lindernden Effekt – wie auch Zwieback, Karotten oder hartes Brot.
Von Hebammen hört man oft den Rat, dem Baby bei Zahnungsbeschwerden etwas Kühles und Hartes zum Kauen zu geben. Wie stehen Sie zur Veilchenwurzeln als natürliche Zahnungshilfe?
Planert: Zwar gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit der Inhaltsstoffe, doch als Kauhilfe eignen sich die Wurzeln durchaus. Wichtig ist dabei jedoch, auf größtmögliche Hygiene zu achten, die Wurzel regelmäßig durch Abkochen zu säubern – und auszutauschen, sobald sie brüchig wird.
Ab wann sollen Babyzähne geputzt werden?
Planert: Im Grunde muss das losgehen, sobald der erste Zahn durchgebrochen ist. Anfangs können dafür gut Fingerzahnbürsten verwendet werden, das ist häufig einfacher. Dennoch empfehlen wir auch, so schnell wie möglich mit Kinderzahnbürsten zu arbeiten. Dadurch lernt das Kind das Zähneputzen als Routine kennen und akzeptiert es leichter.
Ist Zähneputzen bei den Milchzähnen überhaupt wichtig? Oft ist zu hören, „die fallen ja eh alle wieder aus“.
Planert: Dass sie schon im Alter von vier bis fünf Jahren auszufallen beginnen, heißt aber nicht, dass sie nicht auch schmerzhafte Schäden durch Karies entwickeln können. Schon um dem Kind das zu ersparen, ist das Zähneputzen wichtig. Es geht jedoch auch um das bleibende Gebiss: Denn Milchzahnkaries kann auf die dahinter bereits angelegten bleibenden Zähne übergreifen – und das kann für den Nachwuchs zur langfristigen Tortur werden.
Wie oft müssen Milchzähne geputzt werden?
Planert: Zweimal täglich – morgens und abends – ist Zähneputzen für Kinder wie Erwachsene Pflicht. Vor allem das morgendliche Putzen ist vielen dabei nicht eingängig – schließlich haben sie ja im Bett nichts gegessen oder getrunken. Doch der über Nacht gebildete Zahnbelag muss morgens gründlich entfernt werden, um Kariesbakterien kein Einfallstor zu liefern. Außerdem stärkt das Putzen die Zähne für den Tag.
Viele Eltern kennen es, die Kinder machen einen großen Bogen um Zahnbürste und Zahnpasta. Wie bekommt man Kinder zum Zähneputzen?
Planert: Bei den ganz Kleinen können Hilfsmittel wie Zahnputzlieder oder -reime helfen, sie für die tägliche Routine zu begeistern. Auch die Vorbildwirkung von Eltern und älteren Geschwistern ist nicht zu unterschätzen: Die Knirpse ahmen schließlich mit Begeisterung nach, was ihnen vorgelebt wird. Kleine Belohnungen für braves Zähneputzen können ebenfalls eingesetzt werden, um den Nachwuchs zum Putzen zu bewegen.
Ab wann und wie oft sollen Kinder zum Zahnarzt zur Kontrolle?
Planert: Sobald alle Zähnchen da sind, ist der erste Zahnarztbesuch empfehlenswert. Das ist in der Regel zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag der Fall. Regelmäßig alle halbe Jahre sollte dann eine Kontrolle erfolgen sowie eventuell notwendige Prophylaxemaßnahmen durchgeführt werden.
Vielen Dank Herr Planert, für die Beantwortung unserer Fragen und die nützlichen Hinweise zur Pflege der Milchzähne.
Alexander Planert ist Zahnarzt und zertifizierter Implantologe. Neben der Implantologie gehört auch die ästhetische Zahnheilkunde zu seinem Fachgebiet. Zusammen mit zwei Kollegen ist er in der Zahnartpraxis Leipziger14 tätig.